
Disney Research Zurich, Medusa Performance Capture, 2015, © Disney Research Zurich Gesichts-Digitalisierung
Text: Museum für Gestaltung
Aus Pixeln gebaute Fabelwesen bewohnen fantastische Welten, Flugsimulatoren lassen uns schweben wie Vögel und Medienfassaden überformen ganze Bauwerke. Die neue Ausstellung im Museum für Gestaltung gibt Einblicke in die mannigfaltigen Welten heutiger Animation.
Ausstellung: 4. September 2015 bis 10. Januar 2016, Museum für Gestaltung – Schaudepot
Kuratorium: Andres Janser, Kurator Museum für Gestaltung, und Suzanne Buchan,
Professorin Middlesex University London
Szenografie: Matthias Gnehm, Comiczeichner und Architekt, Zürich
Animierte Bilder durchdringen die visuelle Kultur und bestimmen unseren Alltag so selbstver ständlich mit, dass wir sie kaum bewusst wahrnehmen – ob im Privaten, in der Öffentlichkeit oder bei der Arbeit. Dieser Vielfalt heutiger Animation nimmt sich mit „Animierte Wunderwelten“ erst-mals eine grosse Ausstellung an. Im Zentrum steht dabei der Mensch und seine emotionale Erfahrung. Das Thema ist aktueller denn je, übernehmen doch 3D-Filme, Computerspiele, interaktive tragbare Objekte oder neuerdings Datenbrillen einen immer grösseren Anteil in unserem Leben.
Wirklichkeit und Fiktion
Was ist Wirklichkeit, was Fiktion? Die Animation verwischt diese Grenze, sie verändert uns Menschen, die Räume, durch die wir uns bewegen, und gar die Natur. Idealisierte Avatare, überra schende Formen und unmögliche Perspektiven ermöglichen bisher unerreichte hysische, räumliche und mentale Erlebnisse. In Filmen und Games sind digitale Kopien des menschlichen Körpers mit seinen Bewegungen, insbesondere des Gesichts mit seiner Mimik, mittlerweile so lebensecht, dass sie Irritationen auslösen können. Animierte Bilder machen aber auch Vorstellun-gen zukünftiger Wirklichkeiten bereits erlebbar oder bieten Zugang zu realen Orten oder Situatio-nen, die dem Betrachter normalerweise verschlossen bleiben – etwa im animierten Online-Dokumentarfilm „Guantánamo Bay: The Hunger Strikes“ über das gleichnamige Gefangenenlager auf Kuba. Bühnenräume oder ganze Bauwerke im Stadtraum wiederum werden durch animierte Bilder lebendig.
Punkt und Pixel
Wie erstaunlich eine Animation auch erscheinen mag, sie basiert immer auf einfachen Grundelementen. Gegenläufig zum Streben nach immer höher aufgelösten Darstellungen behaupten sich Punkt und Pixel als sichtbar belassene Bausteine von Bildern. Ob analog oder digital, sie animieren auf oft minimalistische Weise komplexe Vorgänge oder Sachverhalte in ganz unterschiedlichen Massstabsbereichen: vom Molekül-Punkt unter dem nobelpreisgekrönten Rastertunnelmik-roskop von IBM in „A Boy and His Atom“ über das Spielzeug-Pixel-Bild des Tamagotchi bis zur vielpunktigen Medienfassade der Erweiterung des Kunstmuseums Basel.
Das Unsichtbare gestalten
Animationen können Ungegenständliches oder dem Mikrokosmos Entstammendes visuell verständlich machen. Was für das Auge nicht wahrnehmbar ist, erhält eine eigene Form und Ästhetik. Überzeugende Gestaltungen zeigen etwa das Internetprojekt “Wind Map” mit seinen laufend aktualisierten Wetterdaten oder die wissenschaftliche Animation „Protein Packing“, welche spannende Einblicke ins Innenleben von Körperzellen erlaubt und aktuelle Erkenntnisse aus den Naturwissenschaften visualisiert.

Max Rheiner, Thomas Tobler, Fabian Troxler, Birdly, 2014, Foto: Myleen Hollero, © Max Rheiner / Interaction Design / ZHdK Vogelflugsimulator
Interaktion mit Animation
In digitalen Interaktionen, bei denen man Augen, Finger und Hände einsetzt, manchmal auch den ganzen Körper, ist Animation fast immer präsent. Man aktiviert und steuert animierte Sequenzen – und sei es nur das Hervor- oder Wegwischen von Inhalten des Smartphones. Games oder im-mersive Installationen bieten dabei oft verblüffende räumliche oder körperliche Erlebnisse. Wer sich dem international für Furore sorgenden „Birdly“ anvertraut, einem an der Zürcher Hochschule der Künste entwickelten Vogelflugsimulator, erlebt für zwei Minuten die traumartige Illusion, wie ein Rotmilan zu segeln. Die Animations- und Klanginstallation „Fischli“ – für diese Aus-stellung in Auftrag gegeben – lässt die Besucherinnen und Besucher spielerisch in eine poetische Unterwasserwelt eintauchen. Ernsthaftes Spielen, auch Gamifizierung genannt, baut hingegen auf Erfahrungen von „digital natives“ mit Animation in Computerspielen auf. So beleuchtet denn die Videoinstallation „Ernste Spiele“ digitale Trainingsformen der US-Armee.
Animation erweitern
Nach der viel beachteten Ausstellung „Trickraum“ (2005), die dem analogen künstlerischen Animationsfilm gewidmet war, versammelt das gleiche Kuratoren-Team in „Animierte Wunderwelten“ 36 massgebende, hauptsächlich nicht-fiktionale, digitale Arbeiten und erweitert damit das Spekt-rum dessen, was gemeinhin unter Animation verstanden wird.
Publikation
„Animierte Wunderwelten / Animated Wonderworlds“
Museum für Gestaltung (Hg.), D/E, CHF 38
Erhältlich ab September im Museumsshop und eShop, auch als e-Pub
Vermittlung
Ausstellungsgespräche
Mittwoch, 28. Oktober, 18 Uhr
Seeing and Flying – Animating Augmented Vision on the Ground and in the Air
Mit Stephen Hicks, Neurowissenschaftler und Sehhilfen-Forscher, University of Oxford, Max Rheiner, Interaction Designer und Dozent Vertiefung Interaction Design, ZHdK, und Suzanne Buchan, Kuratorin der Ausstellung
In Englisch
Mittwoch, 11. November, 18 Uhr
Animation im Raum und für den Körper
Mit François Chalet, Visual Artist und Dozent für Storytelling und Expanded Animation, HSLU, und Andres Janser, Kurator der Ausstellung
Mittwoch, 25. November, 18 Uhr
Animation als Illusion und Interaktion
Mit Markus Gross, Vice President Research, Disney Research und Leiter Computer Graphics
Laboratory, ETH Zürich, und Andres Janser, Kurator der Ausstellung
Öffentliche Führungen
Mittwoch, 18 Uhr: 9.9., 23.9., 7.10., 21.10., 4.11., 18.11., 2.12., 16.12.2015
Sonntag, 11 Uhr: 6.9., 20.9., 4.10., 25.10., 1.11., 8.11., 15.11., 22.11., 13.12., 27.12.2015 und 10.1.2016
Theater
Donnerstag, 17. Dezember, 20 Uhr, Schauspielhaus Zürich, Pfauen
Theateraufführung «Golem» mit anschliessendem Werkgespräch
Mit Suzanne Andrade, Autorin/Regisseurin «Golem», Paul Barritt, Animator/Designer «Golem», Andreas Karlaganis, Dramaturg Schauspielhaus Zürich, und Andres Janser, Kurator der Ausstellung
In EnglischEine Veranstaltung des Museum für Gestaltung in Kooperation mit dem Schauspielhaus Zürich. Weitere Informationen ab 15. August unter museum-gestaltung.ch
Für Familien
Samstag, 24. Oktober und 14. November, 14 –16.30 Uhr
Trickfiguren
Workshop für Familien mit Kindern ab 6 Jahren
Mit Franziska Mühlbacher, Kuratorin Vermittlung
Für Schulen
Daten auf der Website
Magische Räume
Was haben reale und animierte Welten miteinander zu tun? Eine Auseinandersetzung mittels einfacher Stop-Motion Technik.
Workshop für das 3.– 10. Schuljahr, Berufs-und Mittelschulen
Mit Kyriaki-Ntomenika Chandra und Franziska Hess, Mitarbeiterinnen Vermittlung Kosten, Workshops für Lehrerinnen und Lehrer, Projekttage für Schulen, Materialien zum Download und weitere Informationen: museum-gestaltung.ch. Anmeldung: vermittlung@museum-gestaltung.ch, Telefon +41 43 446 66 20
In den Herbstferien
Montag – Freitag, 5.– 9. Oktober, 10 –16 Uhr
Mein ICH bekommt Flügel
Projektwoche für Kinder von 8 –12 Jahren
Eine Kooperation mit dem Jungen Schauspielhaus Zürich und COOL-TUR
Anmeldung bis 4. September: kulturvermittlung-zh.ch
Öffnungszeiten
Dienstag–Sonntag 10–17 Uhr, Mittwoch 10–20 Uhr
Lange Nacht der Museen: 5.9.2015, 19 – 02 Uhr
Feiertage: 24.12., 26.12., 31.12.2015 sowie 2.1.2016, 10 –17 Uhr
Geschlossen: Montags sowie 25.12.2015 und 1.1.2016
Weitere Informationen zum Museum und Vermittlungsprogramm unter:
www.museum-gestaltung.ch