Pixomondo Berlin wird geschlossen: Während die VFX-Branche an der FMX 2013 in Stuttgart für einige Tage versucht, die Krisen der vergangenen Wochen und Monate zu vergessen (ok, seien wir ehrlich, eigentlich sinds Jahre), platzte in Berlin die neueste Bombe: Das deutsche VFX-Studio Pixomondo (Oscar prämiert für Hugo) schließt seine Berliner Niederlassung auf Ende Mai 2013. Als Gründe wurden die seit längerem andauernden Restrukturierungsprozesse genannt. Es ist jedoch noch unklar, inwiefern ausbleibende Aufträge damit zusammenhängen. Während einige Gerüchte besagen, dass wertvolle Kinoaufträge kurzfristig doch nicht an Pixomondo Berlin gingen, sprechen andere davon, dass Pixomondo mehrere Werbeaufträge ablehnen mussten. Kurzum, die Gerüchteküche brodelt heißer, als es der Branche gut tut.
Fakt ist bislang, was die offizielle Facebook-Mitteilung besagt:
Wir mussten uns leider entscheiden, die Betriebsstätte in Berlin zum 31. Mai 2013 zu schließen. Diese Entscheidung ist uns sehr schwer gefallen, ist im Rahmen des Restrukturierungsprozesses aber unumgänglich. Dadurch verschlankt Pixomondo seine Produktionsstrukturen und stärkt gleichzeitig die anderen Standorte.
Es versteht sich von selbst, dass gestellte Rechnungen für Berlin weiterhin Gültigkeit behalten. Bei Fragen stehen wir unter buchhaltung-ger@pixomondo.com gerne zur Verfügung.
Wie Pixomondo bestätigt, werden alle offenen Gehälter, Überstunden und Rechnungen beglichen oder anderweitig vergütet. Damit nehmen sie den Kritikern gleich selbst den Wind aus den Segeln, da das Studio sich lange Zeit in der Kritik befand, seine Angestellten und Freelancer unpünktlich oder gar nicht zu entlöhnen. Das ging soweit, dass sich Angestellte darüber beklagten, dass es an Toilettenpapier und fließend Wasser fehlte. Bereits Ende Februar diesen Jahres gab Pixomondo bekannt, ihre Niederlassungen in London und Detroit zu schließen und die Angestellten unbezahlt auf die Straße zu schicken (wir berichteten darüber im Zuge unseres Artikels über die VFX-Krise). Auch das Büro in Shanghai wurde Anfang des Jahres geschlossen, einige der Angestellten wurden aber in die Niederlassung in Beijing transferiert.
Pixomondos Geschäftsführer Thilo Kuther sprach vor einiger Zeit von seinen Plänen, mit seinem Studio vom Hollywoodfilmgeschäft wegkommen zu wollen. Kurze Zeit später wurde bekannt, dass Pixo für den chinesischen Blockbuster Gone With the Bullets den Großteil der Visual Effects übernehmen werde. (via) Somit entfernt sich das Studio tatsächlich von Hollywood, aber nicht vom Filmgeschäft. Die letzten großen Projekte sind der aktuell sehr erfolgreich laufende Sci-Fi-Blockbuster Oblivion mit Tom Cruise und der im Juni startende (sehr ähnliche gelagerte) After Earth mit Will Smith und Sohn.
Die Frage lautet nun: Wie sicher sind die anderen deutschen Standorte? Pixomondo betreibt neben seinem Hauptsitz in Frankfurt am Main noch Niederlassungen in Stuttgart, München und Hamburg. Es wäre durchaus möglich, dass vor allem die letzten beiden Standorte die Restrukturierungsmaßnahmen auch zu spüren bekommen. Ob und wie stark muss sich erst zeigen. Von den anderen Auslandsbüros (Burbank, Toronto, Beijing, Baton Rouge und natürlich Los Angeles) ganz zu schweigen.
Über Pixomondo (via)
Pixomondo wurde 2001 von Thilo Kuther zunächst als Designstudio gegründet. Kurz darauf wurde das Leistungsspektrum durch die Erstellung von Motion Graphics für Eventmedien sowie von Animationen für Produktfilme und Commercials ergänzt. Ende 2003 arbeiteten 40 VFX-, CGI und Compositing-Spezialisten am ersten Standort in Pfungstadt bei Darmstadt. 2004 folgten mit den Arbeiten an der Dokumentation Atlantropa – Der Traum vom neuen Kontinent die ersten digitalen Visualisierungen für das Fernsehen.
Im Jahr 2005 eröffnete PIXOMONDO in Ludwigsburg einen Feature-Film Standort. Dort entstanden als erstes Projekt die visuellen Effekte zum Kinofilm Der Rote Baron.
2005 eröffnete PIXOMONDO ein Studio in London. Im Jahr 2007 wurde der Standort in Frankfurt eröffnet und im Juli 2008 in Los Angeles. Im selben Jahr wurde Pixomondo von Roland Emmerich mit der Produktion von 100 Composites kompletter CG-Environments für den Film 2012 beauftragt.
2009 folgte auf dem asiatischen Kontinent PIXOMONDO Shanghai und Peking. 2010 wurde der Standort London ausgebaut, die Standorte München und Hamburg kamen hinzu. 2011 kam der Standort Toronto hinzu. Bei Pixomondo sind Stand April 2012 etwa 670 Mitarbeiter beschäftigt.
Für die visuellen Effekt in Martin Scorseses Hugo Cabret erhielten die Pixomondo Mitarbeiter Ben Grossmann (VFX-Supervisor) und Alex Henning (DFX-Supervisor) 2012 den Oscar 2012. Mit 854 Einstellungen, die eine Laufzeit von 62 Minuten im finalen Film haben, erstellte Pixomondo rund 94 Prozent aller visuellen Effekte.