Vom Stadthasen der ins Dorf flog
Im März, kurz vor Ostern also, kam der computeranimierte Animationsfilm ‘Die Häschenschule 3D’ in die deutschen Kinos. In der Schweiz hat man auf eine Kinoveröffentlichung verzichtet, allerdings bringt nun das Internationale Animationsfilmfestival Fantoche DIE HÄSCHENSCHULE auf die grosse Leinwand.
Als Adaption des gleichnamigen Kinderbuch-Klassikers von Albert Sixtus, der die lehrreichen Verse 1924 veröffentlichte, angedacht, sieht sich das renommierte kreative Team um Regisseurin Ute von Münchow-Pohl (Der kleine Rabe Socke), sowie der künstlerische Leiter Heiko Hentschel (Ooops! Die Arche ist weg…) und Animation Director Peter Bohl (The Congress, Mullewapp) der schwierigen Aufgabe gegenüber, die in die Jahre gekommene Vorlage zu modernisieren. Das Buch geniesst zwar den Nostalgie-Bonus, wirkt in der heutigen Zeit aber überholt. Dazu kommt, dass sich die Kinder der heutigen Zeit flippige, bunte Animationsfilme gewöhnt sind. Warum sich Deutschland dafür stets die amerikanischen Produktionen als Vorbild nimmt und nicht mindestens einmal nach Frankreich schielt (Le grand méchant renard, Phantom Boy, etc.), bedarf einer Analyse an anderer Stelle.
Ute von Münchow-Pohl lässt den Spagat zw. Moderne und Tradition direkt ins Drehbuch einfliessen und erzählt die Geschichte aus der Sicht des Stadthasen Max. Der faule Tunichtgut ist ein Draufgänger und sieht seine bisherige grösste Errungenschaft darin, dass er an der Aufnahmeprüfung einer bekannten Gang teilnehmen darf. Wie es der Zufall so will, landet Max vorher aber, mit einem ausser Kontrolle geratenen ferngesteuerten Flugzeug, auf dem Land. Mitten in der Häschenschule. Einer altmodischen, verschworenen Dorfgemeinschaft, die ihre Mitglieder zu Osterhasen ausbildet. Das ist grundsätzlich natürlich nichts für den coolen Max, bis er von den verschiedenen Fähigkeiten erfährt, die Osterhasen-Anwärter erlernen dürfen. Und die könnten ihm in der Stadt doch ganz nützlich sein, zum Beispiel beim Klauen. Dann wäre da noch das titelgebende Goldene Ei, das die Osterhasen in ihrem Dorf verstecken und auf das die Füchse im nahen Wald so extrem eifersüchtig sind. Max muss sich bald entscheiden, ob er das Dorf gegen die Bedrohung verteidigen will oder in die Stadt zurückkehrt.
Man beschränkt sich aufgrund der finanziellen Mittel auf zwei Hauptschauplätze: Die Stadt und die Häschenschule, was insgesamt nicht sonderlich viel Abwechslung bietet. Die angesprochene Zielgruppe wird sich mit diesem Animationsfilm aber durchaus amüsieren und vielleicht sogar identifizieren können. Wenn Max plötzlich zum Aussenseiter wird und im Stile eines „Karate Kid“ zwar Talent für den Oster-Parcour erahnen lässt, aber eben noch viel zu lernen hat, bis er ihn tatsächlich meistern kann. Oder wenn die tollpatschigen Füchse Pläne schmieden und die Schlinge um die Hasen immer enger ziehen, so werden Kinder ganz vom Geschehen eingenommen.
Für Erwachsene hingegen hält der Animationsfilm keine Überraschungen bereit. Abgesehen von den durchaus soliden Animationen und der gelungenen inhaltlichen Verknüpfung von Stadt und Land, von Moderne und Tradition, mit der man das Kinderbuch zwar nur am Rande streift, aber immerhin in neue Mode wirft, wirkt das Drehbuch aus dramaturgischer Sicht überraschend altbacken und die darin verknüpften Ideen uninspiriert. Dies beginnt mit der so westlich geprägten Trennung von Gut und Böse (Hase und Fuchs), von Gesund und Schlecht (Land und Stadt) und endet mit der so besinnlichen Dorfgemeinschaft, die für das moderne Publikum mit pseudo-asiatischer Kampfkunst aufgepeppt werden muss, damit das Dorfleben doch noch cool wirkt. Die Häschenschule mogelt sich mit diesen Werten innerhalb des Fabel-Settings von ängstlichen Hasen und listigen Füchsen einigermassen durch und wird Kinderaugen ganz gut unterhalten, aber auch nicht mehr.
Am Fantoche:
Wann & Wo
Mi., 06.09, 16:15 Kino Trafo
Fr., 08.09, 10:00 Kino Trafo
So., 10.09, 16:15 Kino Trafo
DIE HÄSCHENSCHULE – JAGD NACH DEM GOLDENEN EI (2017)
Land: Deutschland
Studio: Akkord Film Produktion GmbH, Virgin Lands Animated Pictures, NDR, SWR
Regie: Ute von Münchow-Pohl
Drehbuch: Katja Grübel, Dagmar Rehbinder, Fritz Koch-Gotha (Buch), Albert Sixtus (Buch)
Schnitt: Erik Stappenbeck
Animation: Peter Bohl, u.a.
Musik: Alex Komlew
Laufzeit: 79 Minuten
Festival: Fantoche Baden
Verleih: Universum Film
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