Letzten Donnerstag kämpften 55 Beiträge aus 13 Ländern im filmgeschichtsträchtigen Babelsberg in 11 Kategorien – von 3D-Animation über Visual Effects bis hin zu interaktiven Produktionen – um eine der begehrten Trophäen. Der Animago Award wurde zum 15. Mal von der Fachzeitschrift Digital Production vergeben und gehört zu den wichtigsten Auszeichnungen der deutschen Medienbranche.
Bis und mit 2008 wurde der Animago im Rahmen der FMX – der größten Branchenmesse für Animation, VFX und interaktive Medien Deutschlands – vergeben. Im Jahr 2009 gingen beide Veranstaltungen eigene Wege und der Animago wurde in einem wesentlich kleineren Rahmen in Babelsberg ansässig. Im mittlerweile dritten Jahr ist der Wettbewerb und die gleichzeitig stattfindende Branchenkonferenz wieder gewachsen, was die Anzahl der Aussteller und Vorträge belegen. Dennoch ist der Animago nach wie vor eine relativ kleine und persönliche Veranstaltung, wo sich Fachleute, Unternehmen, Studenten und Interessierte noch ohne falsche Scheu treffen und austauschen können. An jeder Ecke darf gefachsimpelt werden und auch wenn viele der Vorträge und Keynotes kaum mehr als schön bebilderte Werbeveranstaltungen sind, zeigen die Präsentatoren nach den eigentlichen Vorträgen sich sehr engagiert und lassen im persönlichen Gespräch auch etwas tiefer ins Nähkästchen blicken. Zwar fehlten in diesem Jahr die großen internationalen Aushängeschilder wie es 2010 Pixar oder ILM waren, aber namhafte, deutsche Vertreter wie Pixomondo, Trixter oder Scanline, die mittlerweile auch in Los Angeles, London oder Asien Zweigstellen betreiben, brachten trotzdem mit ihren internationalen Projekten einen Hauch Hollywood nach Babelsberg. Unter anderem stellten sie ihre Arbeiten aus Filmen wie “Sucker Punch”, “X-Men: First Class”, “Wickie auf großer Fahrt”, “Hugo” oder “Super 8” vor.
Leider wurde es dieses Jahr vom Veranstalter versäumt, die nominierten Beiträge dem Publikum vor der Preisgala in Form von Screenings vorzustellen, so wie es letztes Jahr der Fall war. Stattdessen wurde zusammen mit der jeweiligen Laudatio ein kurzer Zusammenschnitt gezeigt, was jedoch kein adäquater Ersatz darstellt. Um euch diesen Frust zu ersparen, haben wir versucht, alle interessanten Kategorien und Beiträge möglichst umfassend mit entsprechenden Quellen aufzulisten. Die Beiträge, die unserer Meinung nach besonders aus der nominierten Masse hervorstachen, haben wir fett hervorgehoben. Die Filme, die bereits im Netz in voller Länge zu sehen sind, haben wir zudem mit einem Stern* markiert.
And the Animago Award goes to…
Beste Postproduktion:
Gewinner: “Assassin’s Creed: Revelations“, Digic Pictures (Ungarn)
Restlichen Nominierten: “Grisella“, “Paths of Hate“, “Dragon Age 2“, “Dead Island”
Unser Senf: Zwei LowBudget-Kurzfilmtrailer gegen drei omnipotente Gametrailer. Ein reichlich unausgegorener Contest, was allein die Namen “Assassin’s Creed”, “Dragon Age 2” und “Dead Island” erkennen lassen. So verwunderte es auch nicht, dass der Trailer zu Ubisofts neuster Assassinensaga gewann. Wir hätten es durchaus auch dem sehr ambitionierten Kurzfilm “Paths of Hate” gegönnt.
Bestes Character-Design:
Gewinner: “Nuts & Robbers” von ToonBox Entertainment (Kanada)
Restlichen Nominierten: “Daisy Cutter“, “Die Kiste“, “Mortys*”, “Mytho Logique*”
Unser Senf: Lustig ist der Gewinner allemal. Aber wer “Over the Hedge” kennt, dem wird so manches bekannt vorkommen, nicht nur Character Design-technisch. Auch die anderen Beiträge machten in dieser Disziplin keine wirklichen Höhenflüge. Einzig “Daisy Cutter” konnte mit dem kurzen Ausschnitt beeindrucken, aber weniger durch sein Character Design als durch seine Dramaturgie.
Bestes Game-Design:
Gewinner: “L.A. Noire” von Rockstar Games
Restlichen Nominierten: “Crysis 2“, “Neodrome“, “Rope!“, “Tron: Evolution”
Unser Senf: David gegen Goliath, die Zweite: Drei Big Player traten gegen zwei Indiegames an. Dass “L.A. Noire” gewann, überraschte niemanden – bereits letztes Jahr konnte Rockstar Games den Preis für “Red Dead Redemption” für sich verbuchen. Die beiden Aussenseiter “Neodrom” und “Rope! backen als Studentenprojekte natürlich bedeutend kleinere Brötchen, aber können es zumindest in puncto Einfallsreichtum mit dem Gewinner aufnehmen. Hier wäre in Zukunft eine klare Trennung zwischen professionellen und Nachwuchsprojekten zu wünschen.
Bester Kurzfilm:
Gewinner: “Flamingo Pride” von Tomer Eshed (Deutschland)
Restlichen Nominierten: “Wallflower Tango“, “Der Besuch“, “Cookies and Scream*“, “Metachaos*“
Unser Senf: Für uns Animationsliebhaber vielleicht die wichtigste aller Kategorien. Auch wenn die Flamingos der HFF Potsdam letztendlich den Sieg davon trugen, können sich sowohl der Beitrag der Filmakademie “Der Besuch” als auch die sehr kurze, dafür umso prägnantere Halloweengeschichte “Cookies and Scream” sehen lassen.
Beste Visualisierung:
Gewinner: “Bacon, Anyone?*” von Florian Köhne/Hannes Hoepfner (Deutschland)
Restlichen Nominierten: “Standing up for Freedom*“, “Santiago Calatrava/Lyon Satolas Station*”, “Frauscher Sensortechnik – Future Signalling*”, “Cell-to-Cell Communication – Osseointegration“
Unser Senf: Eine Kategorie, die Filme auszeichnet, die ihre teils komplexen Inhalte möglichst verständlich und auch kreativ dem Zuschauer vermitteln. Was die Zieldefinition betrifft, waren lediglich zwei Beiträge die Nomination würdig. Während “Bacon, anyone?” mehr einen humorvollen und grafischen Weg beschritt, glänzt der für Amnesty International produzierte “Standing up for Freedom“-Spot mit enormen Einfühlungsvermögen und visueller Courage.
Beste Stereo-3D-Produktion:
Gewinner: “Luigis’ Pizzaride 3D*” von Florian Werzinski (Deutschland)
Restlichen Nominierten: “Robin Hood“, “Sea Rex“, “Sleigh Ride“, “Topper gibt nicht auf – 3D-Intro“
Unser Senf: Eine Kategorie mit Tücken. Nett anzusehen waren alle Beiträge, aber abgesehen von alten stereoskopischen Jahrmarkttricks konnte bis auf “Topper 3D” keiner wirklich überzeugen. “Luigis Pizzaride 3D” zeichnete sich in erster Linie dadurch aus, dass ein einziger Student den gesamte Film umgesetzt hatte, was eine beachtliche Leistung darstellt und der Film vor allem auch Spaß macht. Trotzdem beschlich uns das Gefühl, dass der Film in der falschen Kategorie angemeldet wurde.
Sonderpreis der Jury:
Gewinner: “DROPLETS” von Simon Fiedler (Deutschland)
Restlichen Nominierten: “Chernokids*“, “Defective Detective*“, “Kubus*“, “Meet Buck*”
Unser Senf: Eine Kategorie voller beachtlicher Beiträge. “Droplets” zeichnet sich durch seinen originellen Ansatz und die beeindruckende stilistische Umsetzung aus – und der Tatsache, dass es ein Oneman-Projekt war. Wir hätten aber durchaus auch “Kubus” als Gewinner gesehen, der komplett in Berlin von MovieBrats, einem jungen Animationsstudio, produziert wurde. Der Werbespot bewies, dass ambitionierte Animationsprojekte nicht immer aus Übersee oder von großen Studios kommen müssen. MovieBrats werden wir demnächst mit einem eigenen Artikel etwas näher vorstellen.
Beste Nachwuchsproduktion:
Gewinner: “Chump And Clump*“, Stephan Sacher/Michael Herm (Deutschland)
Restlichen Nominierten: “Road’s End*”, “Rotting Hill*“, “Parigot*”, “Zing“
Unser Senf: Allesamt gelungene Projekte und natürlich dürfen auch Beiträge aus den beiden Parade-Animationsschmieden Deutschlands, der HFF Potsdam und der Filmakademie Baden-Würtemberg, nicht fehlen. Unser Herz hing jedoch an der Zombie-Romanze “Rotting Hill” aus Neuseeland, die zwar ungeschliffen wirkte, aber pure Genreleidenschaft verströmte. Wie man es von der rigorosen Politik der Filmakademie nicht anders kennt, gibt es von “Zing” leider kaum verwertbare Informationen im Netz, geschweige von einem Trailer.
Digital Production Leserpreis:
Gewinner: „Rango“ von Paramount Pictures
Restlichen Nominierten: “Tron Legacy“, “Legende der Wächter“, “Cars 2“, “Sucker Punch“
Unser Senf: Die Doppelnomination für Zack Snyder musste erstmal verdaut werden. Dennoch ging der Publikumspreis an einen “Kinodebütanten”, wie er an der Gala eher unfreiwillig komisch genannt wurde. An ILMs Featureanimation-Einstand “Rango“.
Die restlichen Kategorien, Gewinner und Nominierten findet ihr auf der offiziellen Animago-Seite.