Liebe Pixar Studios,
gratuliere, mit “Arlo & Spot” (“The Good Dinosaur“) beherrscht ihr nun auch Fotorealismus in Perfektion. Aus dem Film erschließt sich zwar nicht wirklich warum. So beeindruckend eure Licht-, Oberflächen- und Simulationsrenderings auch erscheinen mögen, ein homogenes Bild will sich nie wirklich einstellen. Aber was soll’s, schließlich sind so einige Aspekte an eurem guten Dino etwas merkwürdig. Unausgereift. Oder anders ausgedrückt: Im Gegensatz zu anderen Pixar Problemfilmen, ist dieser der erste, der seine schwierige Geburt nicht unbeschadet überstand (mehr Hintergrundinfos dazu finden sich hier).
Was ist eigentlich mit eurer glorreichen Ausgangsidee geworden, mit der ihr den Film vor Jahren PR-trächtig angekündigt hattet? Killermeteor verfehlt die Erde und die nicht ausgestorbenen Saurier entwickeln sich parallel zu den Menschen? War auf Papier bereits kein Sockenhauer, aber im finalen Film blieb davon nur noch ein Placebopillchen übrig. Hauptsache die Dinos kurbeln die Merchandising Verkäufe an. Die abgedroschene „bester Freund des Menschen“ Nummer will auch nicht so richtig zünden und gelang insbesondere Disney auch schon besser.
Ich halte euch zu Gute, dass ihr mit „The Good Dinosaur“ einen waschechten Western abgeliefert habt. Das macht im zweiten Drittel echt Laune. Insbesondere zusammen mit dem in Westernfarben gemalten Score von Mychael und Jeff Danna, der frischen Wind in das musikalische Pixarverse pustet. Muss schließlich nicht immer Michael Giacchino (“Die Unglaublichen”, “Alles steht Kopf“) sein. Leider bleiben noch ein erstes und letztes Drittel, die weniger süffisant daherkommen. Es beginnt mit einer wahnsinnig ausgelutschten, weil unsäglich stereotypen, weil von “Bambi” bis “Der König der Löwen” bereits ausgiebig breitgetretene Familiengeschichte aka Exposition. Sobald der Road Trip beginnt, nimmt auch euer Film kurz Fahrt auf, was mit Erscheinen eurer merklich mit mehr liebe gezeichneten Nebenfiguren zusammen hängt als es bei den Hauptfiguren der Fall ist. Der verrückte Einsiedler, die religiösen Fanatiker und nicht zu vergessen die zerrüttete Viehtreiberfamilie. Das Ende glänzt anschließend mit einem Strukturvakuum und (zu) offensichtlichen notdürftigen Klebestellen. Ohne echten Antagonisten, ohne stimmigen Abschluss der Familiengeschichte, ohne Rücksicht auf Klischees, die von euch normalerweise gekonnt vermieden oder zweckentfremdet werden.
Eines lässt sich nicht abstreiten:„Arlo & Spot“ ist Karies pur. Auf eine oberflächliche, irgendwie ermüdende Art und Weise. Viel Glubschäugigkeit und Zucker, aber nichts greifbares dahinter. Es bleibt am Ende die Vermutung, dass nicht der undankbare Kinostart kurz nach dem bemerkenswerten, für manche gar besten Pixarfilm „Alles steht Kopf“ (“Inside Out”) diesem Dino und seinem Begleiter zu schaffen machte, sondern einzig und allein seine eigene Entstehungsgeschichte. Es kann und muss nicht immer ein Meisterwerk sein, aber etwas mehr als nur ein ein “Cars mit Dinosauriern” wäre wünschenswert gewesen.
2014 ließ Pixar verlautbaren, unter der Führung des ursprünglichen Regisseurs Bob Peterson wäre “Arlo & Spot” gut geworden. Aber “gut” wäre für das Studio nicht gut genug, unter Peter Sohns Regie hätte der Film das Potential “großartig” zu werden. Wie wir nun wissen wurde es nichts von beiden, lediglich ein “nett” unter Vorbehalt.
“Arlo & Spot” (“The Good Dinosaur”)
Land: USA
Studio: Pixar Animation Studios
Regie: Peter Sohn (ursprünglich: Bob Peterson)
Drehbuch: Meg LeFauve
Produzent: John Lasseter
Musik: Mychael und Jeff Danna
Laufzeit: 100 Minuten
DE-Kinostart: 26.11.2015
US-Kinostart: 25.11.2015
Verleih: © Disney (CH), Disney (D)
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