Es ist in England eine Tradition der großen Kaufhausketten, sich einen Wettkampf um den “besten/schönsten/rührendsten” Weihnachtswerbespot zu liefern. Bereits letztes Jahr konnte John Lewis mit dem wundervollen The Journey das Rennen für sich verbuchen über einen nicht animierten aber zutiefst bewegenden Schneemann auf Wanderschaft (wir berichteten). Kaum vorzustellen, dass sie 2013 die Messlatte noch höher stellen könnten – und doch haben sie es geschafft. Mit The Bear & The Hare gingen sie den exakt gegenteiligen Weg. War The Journey noch animationstechnisch fundamental abstrahiert (gerade zu leblos), erzählte aber trotzdem mit wenigen Bildern eine zutiefst gefühlvolle Geschichte, ist das neueste Werk das animationstechnische Gegenstück aber mit dem selben Ergebnis. Aber bevor ich nun zuviel verrate, schaut euch den Werbespot an. Mehr über den Spot, seine verblüffende Technik dahinter, die Macher und ein Making-Of, das einem Bauklötze staunen lässt, findet ihr nach dem Video.
John Lewis – The Bear & The Hare from Blink on Vimeo.
2D-Animation trifft Stop-Motion
The Bear & The Hare macht den Eindruck, als wären Miniatur-Hintergründe mit handgezeichneten 2D-Animationen kombiniert worden. Was auch der Fall ist. Aber trotz der fantastischen Ausführung eigentlich nichts aussergewöhnliches, ausser das winzig kleine Detail, dass sämtliche Animationen In-Camera (!!) gemacht wurden. Richtig gehört, die handgezeichneten Tiere wurden nicht etwa nachträglich digital in das Footage mit den Hintergründen reingesetzt, sondern zusammen mit dem Hintergrund per Stop Motion aufgenommen. Der Prozess ist eigentlich absolut simpel. Wie in herkömmlichen Stop Motion Filmen wurde jede einzelne Animationsphase (insgesamt 4000 Stück) auf Papier gedruckt, maschinell per Laser ausgeschnitten und anschließend Frame für Frame ins Bild gesetzt. Anstelle von Puppen oder Claymationfiguren waren es aufgestellte Papierfiguren. Ein Vorgang, der an ineffiziens wohl nicht zu überbieten ist, aber jeden Animationsbgeisterten wohl aus den Socken hauen dürfte. Mehr Liebe für Animation geht nicht.
Hinzu kommt, dass nicht bloß die Techniksymbiose und der Wille der Macher, jeden Aufwand auf sich zu nehme, seines Gleichen sucht – sondern auch die Geschichte das Zeug zu einem kleinen Weihnachtsklassiker hat. Erzählt wird die Geschichte von einem Tier, das einst kein Weihnachten kannte. Wie auch, denn es handelt sich um einen Bären, der die kalten Jahrezeiten stets verschläft. Auf diese Weise verpasst er natürlich Jahr für Jahr auch die besinnlichen Festtage. Ein Zustand, den sein Freund der Hase beenden möchte. Herzerwärmend! Würde mich nicht wundern, wenn in einigen Monaten ein Kinofilm angekündigt werden würde.
Disney Veteranen und Hollywood Legenden
Konzipiert und umgesetzt wurde der Spot von den Regisseuren Elliot Dear und Yves Geleyn von Hornet/Blinkink. Ihr Ziel war es, zwei der aufwändigsten aller Animationstechniken zu verbinden und soviel wie möglich In-Camera zu lösen. Dazu wurde eine aufwändiges CG-Previsualisierung am Computer erstellt um sämtliche Details und Handgriffe bereits im Vorfeld planen zu können. Das Design der Figuren und die 2D-Animationen übernahmen Aaron Blaise (Bärenbrüder, Der König der Löwen, Mulan) und sein Team bestehend aus Disney Veteranen der Premise Entertainment in Orlando, Florida. Das Set wurde von Production Designer John Lee (Aliens, Der fantastische Mr. Fox, Frankenweenie) und seinem Team in den Shepperton Studios gebaut bevor es für die Stop-Motion Aufnahmen in die Clapham Road Studios transportiert wurde. Die Postproduktion wurde In-House bei Blinkink umgesetzt und das abschließende Grading bei niemand geringerem als MPC.
Als Vertonung wurde Keanes “Somewhere Only We Know” neu aufgenommen (das Original wurde beispielsweise auch im Winnie The Pooh Trailer verwendet), interpretiert von der bezaubernden Lily Allen. Zweifelsfrei kitschig, aber auch sehr passend.
Mehr möchte ich gar nicht sagen, sondern verweise auf das Making-Of Video das in zwei Minuten die Faszination hinter The Bear & The Hare besser zu vermitteln vermag als ich mit Worten.
John Lewis ‘The Bear & The Hare’ – The Making Of from Blink on Vimeo.