Eigentlich wollte ich keinen großen Wind über eine – ich nenne es mal Begebenheit – während der Animago Award Verleihung machen. Besonders weil ich nach der Verleihung noch mit der Animago Organisation über das Thema reden konnte und erkannt habe, dass keiner Seite Vorwürfe gemacht werden können. Doch worum geht es eigentlich? Um den verstorbenen Harald Siepermann und die einmalige Chance, den Mann angemessen zu Ehren, der in den letzten 10-15 Jahre hunderte, wenn nicht gar tausende Nachwuchskünstler in Deutschland als Dozent inspirierte. Ich erachte es aber als wichtig, es zumindest anzusprechen.
Am Donnerstag Abend wurde zum 17. Mal der Animago Award verliehen. Es wurden viele interessante und beeindruckende Beiträge gezeigt – trotz der massiven Überlänge, die der Veranstaltung erneut schwer zu schaffen machte. “Weniger ist mehr” hat sich in Potsdam leider noch nicht durchgesetzt, aber das ist ein anderes Thema. Was die Preisverleihung aber sichtlich trübte, war eine sehr unglücklich organisierte Gedenkrede zu Ehren des verstorbenen Disney-Zeichners und Character Designers Harald Siepermann. Diese bestand aus einem 20-sekündigem Video, das Siepermann beim Zeichnen eines Zwergs zeigte (aus Der 7bte Zwerg, der ersten und leider gleichzeitig letzten Regiearbeit von ihm), das endlos geloopt wurde. Jan Stoltz, Animation Supervisor bei Trixter und sozusagen die rechte Animationshand von Siepermann bei der Produktion des Zwergenfilms, hielt die Rede. Sehr sachlich sprach er einige Gedenkfloskeln und darüber, wie er Siepermann 2012 (!) zum ersten Mal traf. Somit wurde auch die Frage geklärt, warum die Rede einen solch unpersönlichen Charakter besaß. Ich mache es weder der Animago Organisation noch Stoltz zum Vorwurf, diesen einmaligen Moment nicht genutzt zu haben, denn man bestätigte mir, dass eigentlich bei Harald Siepermanns langjährigem Freund und Disney Legende Andreas Deja angefragt worden war, dieser aber leider keine Zeit hatte. Dasselbe in grün mit Manfred Behn, dem Leiter der Animation School Hamburg. Also entschied man sich für Jan Stoltz, mit dem Siepermann bis zuletzt arbeitete und der ohnehin als Sprecher der Character Design Kategorie verpflichtet wurde, die auf die Laudatio folgte.
Niemandem kann ein Vorwurf gemacht werden. Trotzdem tat es weh, dass die Gunst der Stunde ungenutzt verstrich. Eine würdige Gedenkrede zu Ehren von Harald Siepermann vor einem Publikum zu halten, das von dem Zeichner über Jahrzehnte inspiriert worden war, hätte sowohl das Publikum als auch die Veranstaltung ungemein positiv beeinflusst. Nur wenige Persönlichkeiten haben den deutschen Animationsnachwuchs so immens geprägt wie Harald Siepermann. Er war in den letzten 15 Jahren so engagiert in der Förderung von Filmstudenten, dass sich im Animago Publikum mit Sicherheit Dutzende Artists befanden, die nach der Laudatio dasselbe dachten wie ich: “Wie konnte das passieren?”. Ich wette, viele seiner ehemaligen Studenten (mich inbegriffen) hätten sich darum gerissen, für den Animago ein angemessenes Gedenkvideo zu schneiden. Stattdessen wurde neben dem Loopvideo eine “für die Öffentlichkeit nicht vorgesehene” Szene aus Der 7bte Zwerg gezeigt. Eben jene, die aber seit einigen Wochen im Netz OFFIZIELL zu finden ist und den wir euch auch unlängst präsentierten. Kurzum, so gut es auch gemeint war, eine solche Gedenkrede mit der ersten/letzten Regiearbeit von Siepermann und dem Ablauf der Preisverleihung zu verknüpfen, erzeugte am Ende nur Ernüchterung und einen sehr faden Beigeschmack. Als hätte man keiner Andacht für einen großen Künstler der Branche sondern einer dubiosen PR-Show für einen Film beigewohnt.
Was diesen Eindruck unglücklicherweise enorm verstärkte, war die vorhergehende Gedenkrede für Iris Asche, der Geschäftsführerin von 3DPowerstore, die im September nach schwerer Krankheit verstarb. Wie tief die Trauer bei allen noch steckte (auch beim Animago Team), zeigte sich im vorgeführten Video, bestehend aus zusammengeschnittenen, persönlichen Fotos von ihr und einer ebenso persönlichen Rede vorgetragen von Arndt von Koenigsmarck, deren Wirkung sich auf das Publikum übertrug. Dieser deutliche Kontrast im Vergleich zur nüchternen Gedenkrede für Harald Siepermann überschattete fortan (für mich und andere mit denen ich sprach) die restliche Veranstaltung.
Wie es um das Regieerbe von Siepermann steht, berichten wir in einem eigenen Artikel über Der 7bte Zwerg in den nächsten Tagen. Wir sprachen ausführlich mit Jan Stoltz von Trixter über Siepermanns Einfluss auf das Projekt und Stoltz’ schwierige Aufgabe, Siepermanns Vision nach seinem Tod gerecht zu werden. Übrigens war Harald auch in eine sehr frühen Phase – anno 2005 – der Vorproduktion von Frozen (Die Eiskönigin) involviert. Aber von seinen Arbeiten dürfte im finalen Film nichts mehr übrig geblieben sein.