Animago 2013: Zum 17. Mal wurde von der Fachzeitschrift Digital Production der Animago Award vergeben, zum fünften Mal in Potsdam, zum zweiten Mal in der Metropolis Halle des Filmparks Babelsberg. Der Animago gehört zu den wichtigsten Auszeichnungen der deutschen Medienbranche und wird von einer Konferenz rund um die Themen Animation, Visual Effects, Games und interaktive Medien umrahmt. Mehr Informationen zur Veranstaltung gibt es in diesem Beitrag. Dieses Jahr wurden erstmals mehr internationale als nationale Beiträge eingereicht, ausserdem konnten auch erstmals mehr Filme als Stills der Jury vorgelegt werden.
Im Lichtglanz von Pixar
Zu den Highlights gehörte – neben den obligatorischen Fach- und Nerdgesprächen – aus Animationssicht der Vortrag von Master Lighting Artist Erik Smitt aus dem Hause Pixar (das Programm mit einem Pixar Gast zu veredeln wurde ohnehin längst zur Animago-Tradition). Smitt sprach über kein aktuelles Projekt, sondern erläuterte seine Arbeitsweise und Grundlagen zum Thema Lighting und Storytelling anhand verschiedener Filme wie Wall-E, Toy Story 3 und Oben. Es war insofern etwas ernüchternd, da Smitt im Augenblick an dem von massiven kreativen Problemen heimgesuchten Pixarprojekt The Good Dinosaur arbeiten würde – dessen Kinostart von 2014 um 18 Monate verschoben wurde – und bestimmt einige spannende Anekdoten hätte preisgeben können, die von Pixar aber natürlich lieber mit ins Grab genommen werden. Stattdessen hat er zwar viele interessante Einblicke geboten, was aber am Ende nur selten über Standardfloskeln der Marke “Das Licht ist ein wichtiges dramaturgisches Werkzeug” oder “Je mehr wir die Zeiten von Testrenderings reduzieren können, desto mehr Zeit haben unsere Artists für kreative Entscheidungen” hinaus. Aber es war ein netter Auffrischungskurs in Puncto Lighting und visuelles Storytelling.
Infos zu Der 7bte Zwerg aus erster Hand
Daneben stellten verschiedene deutsche Animations- und VFX-Studios ihre Arbeiten aus Filmen wie Oblivion (Pixomondo), White House Down (LUXX), Iron Man 3 (RISE, Trixter), Der 7bte Zwerg (Trixter) oder Lost Place (MovieBrats) vor. Mit Animation Supervisor Jan Stoltz von Trixter haben wir uns noch persönlich unterhalten. Er konnte uns einige offene Fragen zu Der 7bte Zwerg beantworten, u.a. was zu der immensen Kinostartverschiebung (über sechs Monate) führte, wie mit Harald Siepermanns Erbe umgegangen wird und wer nun das Regiezepter des Films nach dessen überraschendem Tod nun wirklich übernahm. Dazu folgt in Kürze ein eigener Artikel.
Wie gewohnt wollen wir euch neben den Animago 2013 Gewinnern auch unsere persönlichen Geheimtipps vorstellen. Viele Beiträge (ob nun Gewinner oder Verlierer) gibt es in kompletter Länge online zu bestaunen, also folgt den Links!
And the Winner is…
Beste Postproduktion
The Crew von Unite Image (Frankreich)
Nach Assassin’s Creed 2 (2011) und Mass Effect 3 (2012) folgt ein weiterer Triple A-Gamekoloss als Gewinner. In dieser Kategorie haben Indiegames nichts verloren, nur wer in aufwändige Cinematics investiert, gewinnt hier einen gläsernen Briefbeschwerer. The Crew überzeugt mit einem netten Mix aus Need for Speed, dem Fast & Furios Franchise und einem Multiplayer-Heist-Konzept. Auch interessant sah Wolfblood 2 von Trixter aus, einer (verhältnismäßig) Lowbudget-Kinderserie der BBC mit beachtlichen (fast) fotorealistischen Wölfen.
Beste Character-Animation
A la francaise von Studenten der Supinfocom Arles (Frankreich)
Tolle animierte Hühner, toll gerenderter Look, amüsantes Timing, aber gegen Ende doch eine Spur zu lang und ohne wirkliche Pointe. Da war Anger der Snowball Studios eine Spur überzeugender. Wedding Cake von Viola Baier (Filmakademie Baden-Württemberg) war ebenfalls nominiert, unser Interview mit ihr über den Film findet ihr hier.
Bestes Game-Design
The Last of Us von Naughty Dog (Deutschland)
In dieser Kategorie war relativ leidenschaftlos. Grafikmonster reihte sich an Grafikmonster, wobei The Last of Us immerhin einen gewissen Originärsbonus hatte. Auch im Wettstreit: Bioshock Infinite, Tomb Raider, Far Cry 3 und Metro: Last Light.
Bester Kurzfilm
Mr Hublot von Zeilt (Luxemburg)
Gefühlvoller, schöner und vor allem aufwändig inszenierter (weil über drei Jahre hinweg großzügig geförderter) Kurzfilm, der aber das narrative Rad nicht neu erfindet. Es ist ein guter Mix aus vielen bekannten Elementen, von Steampunk-Setting über den guten alten “Aussenseiter findet einen Freund”-Plot bis hin zum wenig überraschenden Ende (der Film läuft übrigens heute um 23.20Uhr auf ARTE und wird am Sonntag um 5.15Uhr wiederholt!) In dieser Kategorie überzeugte uns aber am meisten Shelved von der Media Design School. Vielleicht der beste Beitrag der ganzen Animago 2013. Gedreht an einem Tag in einer Lagerhalle und nachträglich mit diversen ungemein detailverliebten Robotern bevölkert, abgerundet von einem grandiosen Schluss. TIPP! Ed. war ebenso nominiert wie Harald von Moritz Schneider (Filmakademie Baden-Württemberg), mit dem wir ein ausführliches Interview geführt haben.
Beste Visualisierung
Let’s Talk About Soil von Uli Henrik Streckenbach, Ronny Schmidt und Mail Lochmann (Deutschland)
Uli Henrik Streckenbach gewann bereits letztes Jahr in der gleichen Kategorie den Animago (damals im Alleingang), heute im Team mit Ronny Schmidt und Mail Lochmann. Was wir letztes Jahr schrieben, trifft auch heute zu: Ein Projekt, das einen komplexen Inhalt auf sehr anschauliche Weise vermittelt und dabei einen zwar einfachen, aber ansprechenden Look verwendet. Ein Projekt, das uns imponierte war Paper World, ein Imagespot für WWF Ungarn. Leider gibt es dazu im Netz kaum Material.
Beste Werbeproduktion
Swatch – Mad about Sea von Celluloid VFX (Deutschland)
Fische in der Großstadt. Schön umgesetzt, mit einem ausgesprochen stimmig komponierten Song – aber irgendwie kennt man das Konzept – Dinge, die nicht dahin gehören durch eine Großstadt fliegen/kullern/schweben zu lassen – unlängst. Da hatte dieser Fanta Werbespot bei uns einen größeren Stein im Brett, obwohl das Konzept auch nicht so revolutionär erschien.
Beste interaktive Produktion
WürfelWald von Raphael Polte und Marvin Podsendek (Deutschland)
Ein interaktives Mixed-Reality Projekt zur Erstellung eines lebendigen, dynamisch generierten Waldes. Sagt eigentlich alles und wirkt als Spielerei ungemein niedlich.
Bester Trailer/Opener
Watch Dogs von Digic (Ungarn)
Zum fünften Mal in Folge gewinnen die Ungarn mit einem erneut erstklassigen Cinematic zu einem Triple-A Game. Ebenfalls nominiert waren Assassin’s Creed 4 Black Flag, Halo 4 – Prologue (beide Cinematics ebenfalls von Digic umgesetzt), Cyberpunk 2077 Teaser und Unreal Engine 4 “Infiltrator”.
Bestes Still
Twisted Sensation von Yasin Hasanian (Iran)
Gewählt von den Leserinnen und Lesern der Digital Production sowie der Facebook-Community.
Sonderpreis der Jury
Metube: August sings Carmen “Habanera” von Moshel Film (Deutschland)
Ein würdiger Nachfolger des letztjährigen Rulebreakers The Centrifuge Brain Project. Lasst euch überraschen und mit einem herrlich schönen “WTF?” verzaubern. Animationstechnisch gehörte aber dem Nominierten La Mano de Nefertiti (ein Kurzfilm auf Basis des Tadeo Jones Kinofilms) unser Herz, ein wunderbares, frisches Gagfeuerwerk mit exzellentem Timing. Diesem Film werden wir später noch einen eigenen Beitrag widmen.
Beste Nachwuchsproduktion
Rob ‘n’ Ron von Tumblehead (Dänemark)
Eine detailverliebte, spritzige Spaghettiwesternpersiflage mit einem exzellent gerenderten Miniaturelook. Die Tumblehead Studios bestehen aus Absolventen der dänischen Animationshochschule The Animation Workshop und das sieht man dem Projekt auch an. Die Konkurrenz war aber in dieser Kategorie enorm. Neben dem bereits in einem Artikel vorgestellten How to train your Robot waren auch der ebenfalls von uns vorgestellte Reverso (TIPP!), Hermit (leider weder Film noch Trailer online) und dem Happily Ever After (kleiner Tipp!) aus Israel im Wettstreit. Die Kategorie ist dotiert mit 3.000 Euro und einen gesponsorten Rendercube von CADnetwork gab es obendrauf.
Hier noch der Opener mit dem die Preisverleihung eröffnet wurde und der, wie üblich, eine wenig subtile Übersicht über die zahlreichen Einreichungen bietet: