Hier folgt der zweite Streich unserer Fresh from Filmakademie-Kolumne, die eine kleine Brücke zwischen den neuesten Animations-Abschlussfilmen des Animationsinstituts der Filmakademie Baden-Württemberg und dem Internet schlagen soll. Diesmal widmen wir uns Ophelia – Love & Privacy_Settings von Bin-Han To (der während seinem Studium auch als Co-Regisseur für den mit dem deutschen Kurzfilmpreis ausgezeichneten Die Prinzessin und der Drache tätig war). An dieser Stelle geht unser Dank natürlich wieder an die Filmakademie für die freundliche Unterstützung und an Bin-Han To für das wirklich interessante Interview.
Ophelia – Love & Privacy_Settings
Bin-Han beschreibt seinen Film mit den Worten “eine romantische Komödie über das Ende der Privatsphäre, mit jede Menge Polka-Musik und nackten Körperteilen.” Der Film stellt die Frage, was wäre, wenn dein Umfeld deine Gedanken und innersten Sehnsüchte lesen könnte? Und was wäre, wenn du gleichzeitig einfach nur ein ganz normaler Typ wärest, auf der Suche nach einer Frau?
ANIch: Mit welcher Idee oder Zielsetzung nahm Ophelia als Projekt seinen Anfang? Was waren für dich die Schwerpunkte?
Bin-Han To: Ursprünglich wollte ich eigentlich gar keinen eigenen Abschlussfilm machen und mich lieber auf Projektmitarbeit konzentrieren, aber mein betreuender Professor Andreas Hykade hatte das Gefühl, dass ich vielleicht etwas zu „sagen“ hätte. Privatsphäre ist eines der Themen für die ich mich in meiner Freizeit interessiere, und bei einem lustigen Kneipenabend kamen zwei Freunde und ich auf die Idee, dieses Thema zu ver-cartoonisieren; also zugänglich und humorvoll zu überspitzen. Es ging mir nicht darum, die komplette Problematik zu erörtern, von verschiedenen Seiten zu beleuchten und Lösungen zu präsentieren, das ist nicht die Stärke einer drei-minütigen Animationskomödie. Es reicht mir wenn der Film Spaß macht und am Ende einen klitzekleinen Gedankenanstoß in die Problematik der Privatsphäre gibt. Für mich persönlich war auch die visuelle Gestaltung und visuelle Identität des Films ein Schwerpunkt – Visual Development ist quasi meine Spezialrichtung und besonders die Arbeit mit Farben und Licht liebe ich. Ich fand es reizvoll viele unterschiedliche Locations und Licht- und Farbstimmungen in einem stimmungsvollen Gesamtbogen zusammenzuführen.
Wie lange hast du an dem Projekt gearbeitet von der ersten Idee bis zur Abgabe?
Erste Idee kam im Oktober 2010, Produktionsbeginn war aber erst im Februar 2012. Bis dahin hatte ich ein paar Drehbuch- und Animatic-Fassungen neben der Arbeit an anderen Projekten angefertigt. Dann habe ich ungefähr ein Jahr an dem Film gearbeitet.
Worin bestanden die Herausforderungen beim Projekt (erzählerisch, visuell oder technisch)?
Erzählerisch: Das Problem des Verlustes der innersten Privatsphäre zu erzählen, lustig zu gestalten und emotional wirksam zu machen. Visuell: Dem Film eine individuelle, visuelle Identität zu geben. Viele Charaktere, viele Lokalitäten, viele narrative Details, die einen hohen Produktionsaufwand verursachen. Die Animation so zu gestalten, dass die Figuren auch mit nur einem Auge emotional funktionieren. Nackte Frauen zu zeigen, ohne dass es gruselig wird. Technisch: Nichts, bis auf Kleinigkeiten bei den FacialRigs (mehr dazu in diesem kleinen Making-Of).
Hattest du spezielle Vorbilder oder Referenzen für deinen Film?
Visuell die stärkste Inspiration war das Videospiel The Legend of Zelda: Wind Waker von 2002. Die Characterdesigns lassen sich wohl am ehesten auf die Kindercomics von Osamu Tezuka (Astro Boy) zurückführen und die Arbeiten von Yoichi Kotabe (Heidi) . Beide fanden meiner Meinung nach eine gute Balance aus plumpen Gliedmaßen, die das Gewicht und die Physis einer Figur betonen, und einem angenehmen, süßen aber auch dynamischen Appeal. Von der Inszenierung her sind die Sachen von Don Hertzfeldt auch ein Einfluss. Absurde Characters, die nebeneinander stehen und seltsame Sachen machen – perfect! Inhaltlich ist die Arbeit des japanischen Autoren und Videospielregisseurs Shigesato Itoi eine große Inspiration („Earthbound“, „Mother 3“), der in seinen Geschichten simple, amüsante Alltagssettings so auf den Kopf stellt, dass die Geschichten und Figuren eine sehr eigene Qualität entwickeln. Surreal-seltsam, lustig aber auch herzzerreißend.
Sag uns bitte kurz, welche Programme zum Einsatz kamen.
Maya, Photoshop, Premiere, Nuke, Cubase, Protools
Gibt es schon Termine, wann und wo dein Film gezeigt wird (In- und Ausland)?
Gezeigt wurde der Film bislang auf der SIGGRAPH 2013. Das nächste Screening findet im Oktober auf dem Anim’est Festival in Bukarest statt .
Dein Film spielt in Portugal. Was hat dich gereizt, die Handlung dort anzusiedeln und wie schwierig erwies sich die gestalterische Umsetzung?
Zunächst einmal hat mich die Schönheit von Portugal gereizt. Da die Story meines Filmes nicht vom Handlungsort abhängig ist, sprach dann auch nichts dagegen. Ich finde es beim Design für Animationsfilme interessant, von etwas echtem auszugehen, also ein „Motiv“ zu finden und dies dann zum Cartoon zu stilisieren. Durch das gezielte Reduzieren der Details erlangt man eine klare, ästhetische Interpretation, aber die Identität bleibt hoffentlich erhalten. Ich finde das interessanter als etwas aus dem kompletten Nichts zu erschaffen; man vermeidet eine gewisse Beliebigkeit oder „Genericness“ im Design. So entstand dann eine Stadt für den Film, die verschiedene Teile von Lissabon und Porto vermengt. Den eigentlichen Anstoß hatte aber eine Reise nach Lissabon, Porto und Guimaraes in Portugal kurz vor Projektbeginn geliefert. Ich kam mit vielen Referenzfotos, schönen Impressionen und Skizzen wieder und dachte: „Fantastisch!“
Als Filmmusik verwendest du einen Polka inspirierten Score und hast sogar einen sehr eingängigen Song am Ende parat, der an Gipsy Punk Bands wie DeVotshKa erinnert. Wie kamst du auf die Idee?
Der Film erzählt eine komplette Lebens- und Liebesgeschichte in wenigen Bildern, im Zeitraffer sozusagen. Entsprechend sollten alle Stationen, Plot-Points, Emotionen und Stimmungen „hypercharged“ sein, also betont, intensiv und etwas überzeichnet. Dafür bot sich die lustige Polkamusik in der ersten Hälfte an. Das soll dem Zuschauer signalisieren, dass das ein lustiger Film und kein Drama ist, und der _sehr_ theatralische, pathetische Song am Ende. Der Einsatz des Hochzeitsmarsches bspw. im romantischen Teil wäre normalerweise eine inszenatorische Fragwürdigkeit; hier aber, so denke ich, transportiert er den absurden Witz der sofortigen Hochzeit und die Idylle der „Flitterwochen“ ganz gut, und hilft dem Verständnis in einer schnell geschnittenen Sequenz. Ich wollte gerne echte Instrumente und eine gewisse Patina in der Musik den glatten Bildern aus dem Computer entgegensetzen, weswegen mein Musiker Marcel Walter und ich uns für die Bläser entschieden. Gemeinsam mit unserem Sounddesigner Dennis Kopacz, der auch noch einen Teil zur Musik beisteuerte und dem fantastischen Sänger Siggy Has Ardeur, kam ein meiner Meinung nach wunderbarer Song raus!
Was besonders auffällt ist die Farbgestaltung deines Films. Jeder Shot für sich wirkt bis ins kleinste Detail ausgearbeitet und äusserst malerisch. Wie viel Arbeit hast du im Verhältnis zur gesamten Produktionsdauer in die Licht- und Farbgestaltung investiert? Kannst du uns näheres über diesen Entwicklungprozess verraten?
Mir ist die Farb- und Lichtgestaltung sehr wichtig, das ist einfach mein Steckenpferd. Es wurde aber nicht außergewöhnlich viel Zeit dafür aufgewandt. Zu Beginn entsteht schon in der Storyboard- und Animatic-Phase eine erste ungefähre Version des Color Scripts. Farben und Licht sind für mich für die Dramaturgie eines Filmes sehr wichtig, weswegen ich versuche mir schon früh über ALLE Shots Gedanken diesbezüglich zu machen.Wichtig ist hier die Wechselwirkung der Shots untereinander: Ich beginne mit einer groben Version des kompletten Films und verfeinere von dort aus. Das betrifft übrigens nicht nur die Farbscripts, sondern eigentlich fast alle Arbeitsbereiche, immer vom Groben ins Feine. Da die finalen Backgrounds in einem iterativen Prozess zwischen Malen in Photoshop, Modeln/Texturieren und dem Compositing am Ende zusammenwachsen, ist vor allem am Ende der Produktion viel Arbeit im Feintuning rein geflossen. Zu dem Zeitpunkt steht die grundsätzliche Richtung aber schon fest, was auch hilft Arbeit an andere zu delegieren. Katrin Schneider half mir beim Malen der Backgrounds.
Der Look und das Design der von dir erschaffenen Welt erinnert an ein hochaufgelöstes 16Bit Videospiel, das in die dritte Dimension geholt wurde. Sie verströmt einen gewissen Retrocharme, vermischt Animestilelemente und kokettiert mit ihrer recht kindlichen Ästhetik trotz der freizügigen Inhalts. Wie kam es zu dieser Mischung? Was waren deine Ziele?
Sehr gut beobachtet. Die wichtigsten Ideen zu Beginn waren mehrere. Erstens sollte der visuelle Stil eher reduziert und etwas minimalistischer sein. Er sollte graphisch sein und sich durch klare Farbästhetik auszeichnen, und er sollte klar machen dass es sich um einen Film aus dem Computer handelt und nicht die Stilistik anderer Techniken wie Malerei, Zeichentrick oder Stop Motion imitieren. Materialien sollten nicht erfühlbar sein (über Texturdetails, Displacements und Haptik), außer es macht für die Story Sinn. Narrative Features in der Animation sollten Vorrang haben vor nutzlosem Texturdetail. Das bedeutet zum Beispiel, dass es nicht so wichtig ist, dass Haare glaubhaft geshadet werden, sondern es ist wichtiger dass sie sich im sanften Atlantikwind bewegen, weil dies etwas über die Stimmung eines Shots sagt und echte Lebendigkeit hinzufügt. Deswegen bewegen sich auch alle Bäume und Gräser, das Wasser glitzert etc. Vor allem aber sollte der visuelle Stil eine romantische Urlaubsstimmung verbreiten und natürlich Spaß machen!
War es eigentlich ein Problem, so viel „nackte“ Haut in einem Hochschulfilm zu zeigen? Wie waren die Reaktionen innerhalb und ausserhalb der Filmakademie?
Absolut kein Problem! Die Filmakademie hat durch den technischen Anspruch und die Nähe zur Industrie den Ruf, eine Ausbildungsstätte für die großen Studios zu sein (was sie auch ist). Die studentische Realität aber ist, dass das Animationsinstitut eigentlich eine Independent-Kunstfilmschule sein könnte, denn als Student kann man wortwörtlich machen was man will! Das gilt für die Stories und für die Umsetzung, und das Animations Institut – sofern es keine Unmöglichkeiten im Budget sieht – stellt den Filmemachern da auch keine Steine in den Weg. Deswegen hatte auch niemand Bedenken oder Probleme mit der nackten Haut. Es hat natürlich geholfen dass der visuelle Stil so cute und appealing war. Nacktheit in der Computergraphik wird immer sehr schnell sehr creepy. Ich war aber positiv überrascht dass er auf der Siggraph im vermeintlich prüden Amerika lief. Im zwei Stunden Programm (CAF) der sog. „finest of last year’s CGI“ war übrigens Ophelia der einzige Film mit nackten Busen. Auch eine Auszeichnung!
So detailliert die Bilder sind, so (bewusst) limitiert wirken die Animationen, was die Assoziationen an ältere Videospiele verstärkt. Kannst du uns zum Animationsprozess etwas mehr sagen?
Die Animation war auf Zweien angelegt, ein Stilelement um sie stilisierter, ruckliger und somit auch einfach lustiger zu halten. Dies fügt eine weitere Abstraktionsebene hinzu, und die Animationen werden somit weniger eine realistische Abbildung, sondern – wie eine Zeichnung- eher eine schöne Interpretation. Man gewinnt ein Stückchen Freiheit, und kann sich statt auf Naturalismus, auf Acting und Witz konzentrieren. Es hilft auch ungemein, den Charakteren spürbares Gewicht zu geben, „floaty“ Animation zu vermeiden, es zwingt einen zu klareren Entscheidungen beim Animieren und – so war unser Eindruck – macht auch mehr Spaß. Bei der Entwicklung unserer Animationsstilistik haben unsere Animatoren Jacob Frey, Ringo Klapschinsky, Alexander Dietrich, Jessica Tegethoff, Nick Saradopoulos und Kim Nguyen erhebliche Arbeit geleistet und sich mit vielen Ideen eingebracht, die den Film auf ein neues Level gebracht haben!
(Spoilerwarnung!) Die Szene, in der Ophelia weinend im Hinterhof sitzt und die Gedankenblase von Hubert entdeckt – der zum ersten mal aufrichtige Gefühle zeigt – weiß in Kombination mit dem abschließenden Wink mit dem Regenschirm besonders zu gefallen. Der Regenschirm verleiht dem ganzen noch eine zusätzliche Ebene, er funktioniert als Gag ebenso wie als Botschaft, dass Privatsphäre auch innerhalb einer Beziehung wichtig ist. Auch der angehängte Credit Tag führt die vom Film aufgestellte Logik wunderbar weiter. Was sind deinen Lieblingsszenen/Momente des Films und wie deutest du deinen eigenen Film?
Dankeschön! Lieblingsszenen an sich habe ich nicht, ich finde jeder Shot hat seine kleinen Vorzüge und schönen Details. Die Details sind es dann auch das, was mir persönlich als großes Vergnügen in Erinnerung bleibt, was man aber gar nicht wirklich bemerken soll. Dass die Möwen die einzigen Kreaturen mit zwei Augen sind. Dass der zweite, durchlebte Regenschirm kaputt und geflickt ist. Dass die Graffiti zum „Greve!“(Streik) aufrufen. Dass jeder, der Porto kennt, die Metro Station Sao Bento wiedererkennt. Dass die Bollen auf dem Hut der Schwarzwälderin rot und nicht schwarz sind. Dass der Schwarzwälder in Portugal einen KungFu-Kick verwendet. Dass die Figuren beim Blinzeln nur die Pupille, aber nicht die Iris zu kneifen. Dass Wasser und Brüste das einzige im Film sind, die specular Highlights haben. Und einige mehr. Mein liebstes Detail ist aber, dass die Figuren ständig ihre Kleidung wechseln (passiert in Animationsfilmen nicht so oft).
Meine Deutung der Story: Ophelia erkennt am Ende, dass sie Hubert liebt, aber auch dass er beschützt werden muss. Sie selbst kann vielleicht mit seinen offenen Gedanken umgehen (und in einer intimen Beziehung sollte sie das wahrscheinlich auch), aber die Welt in der sie leben kann es nicht. Deswegen zieht sie am Ende den Schirm (nicht mehr ganz so unbeschädigt und sauber wie der erste) aus dem Müll. Dass sie ihm hinterherrennt bestätigt dann zu guter letzt der letzte Shot nach den Credits. Am Ende siegt also die Liebe. Dass das Baby am Ende übrigens auch seine Privatsphäre verliert, ist als Analogie zu der Generation zu sehen, die momentan aufwächst und deren Eltern von Anfang Bilder auf Facebook stellen. Wenn diese Kinder erwachsen sind, werden sie jegliche Kontrolle und Souveränität über ihre Daten schon längst verloren haben.
Ich muss zugeben, der Film brauchte bei mir einige Anläufe. Er musste sozusagen reifen, oder ich mich auf seine abstrakte Denkweise erst einlassen. Visuell weiß er zwar von Anfang an zu gefallen, aber inhaltlich wirkt er zunächst recht flach und man ertappt sich dabei, von den plumpen Geschlechterstereotypen zwischen Mann und Frau schnell gelangweilt zu werden. Auf der einen Seite Hubert als der klassische (südländische) Macho, der nur auf das eine reduziert wird und die Liebe erst entdeckt wenn er sie verloren hat. Auf der anderen die Frauen als einfältige Sexobjekte, die sich von hübschen Worten beeindrucken lassen, aber die Problemen stets auf eine Weise reagieren können.
Dass das manchem nicht gefällt vollziehe ich komplett nach. Love & Privacy_Settings erzählt ein Leben im Zeitraffer, und die Figuren in sind ganz klar nicht als realistisch geschriebene Charactere angelegt, sondern sie sind vereinfachte, flache Karikaturen. Wenn sie miteinander interagieren, geschieht das pointiert und überzeichnet. Hubert lernt Ophelia kennen und im nächsten Shot wird schon sofort geheiratet! Das ist nicht realistisch und dreidimensional, das ist eine Karikatur! Der Film ist also insofern ein Cartoon, als dass er Sachen überzeichnet und unnötiges weglässt.
Die Gestaltungsmaxime von „Ophelia“, im Design, in der Animation, in der Story ist Stärke durch Reduktion. Aller erzählerischer Ballast, der mich bei der zentralen Frage „Was würde passieren wenn jeder Deine Gedanken lesen könnte?“, nicht interessiert (bspw. Hintergrundstories der Figuren) wurde rausgekürzt. Es geht nicht um die Tiefe der Figuren, sondern die Umstände in denen sie sich plötzlich befinden, die gesellschaftlichen Mechanismen und wie diese sie beeinflussen. Die anerzogenen Reaktion auf die anzüglichen Gedanken Huberts (die ja ein Großteil aller Männer haben) sind ganz klar Empörung und Ohrfeigen, Ablehnung und Ausgrenzung.
Meine absolute Referenz für kompromisslos dreidimensional geschriebene Charaktere in Filmen/TV ist David Simons The Wire, wo mit unglaublichem Detailreichtum langsam, vielschichtig und verwoben Charaktere, Umstände und Ereignisse modelliert werden. Ophelia soll von den Charakteren her mehr oder weniger genau das Gegenteil sein.
Da wir von ANIch auch von dem Studio Soi Kurzfilm „Die Prinzessin, der Prinz und der Drache mit den grünen Augen“ berichtet hatten (und sehr angetan waren, hier nachzulesen), muss einfach gefragt werden, wie es dazu kam, dass du während deinem Studium an der Filmaka noch für das Studio Soi als Co-Regisseur an einer solchen Fernsehproduktion tätig warst? Eine Produktion, die am Ende sogar den deutschen Kurzfilmpreis gewann.
Vielen Dank! Das war auch ein sehr schönes Projekt was Jakob Schuh und mir sehr am Herzen lag. Bei Soi hatte ich schon einige Jahre als Freelancer gearbeitet, Soi bekam das Drehbuch (von Angelika Glitz) vom ZDF und Jakob fragte mich einfach, ob ich Lust hätte, diesen Film mit ihm zu machen. Es ist bei Studio Soi üblich, dass mit zwei gleichgestellten Regisseuren gearbeitet wird. Da war ich gerade in der Drehbuchentwicklung zu Ophelia. So habe ich ein halbes Jahr Auszeit genommen – mit dem Segen der Filmakademie – und habe an dem TV-Kurzfilm gearbeitet.
Lassen sich deiner Meinung nach die beiden Kurzfilme (Prinzessin und Ophelia) vergleichen? Was waren die Vor- und Nachteile bei beiden Produktionen.
Wirklich vergleichen lassen sich die beiden Produktionen nur schwer, das eine ist eine studentische, unbezahlte, persönliche Arbeit mit punktueller freiwilliger Mitarbeit von Mitstudenten und Externen. Das andere eine Auftragsarbeit mit vorgegebenem Drehbuch, klarem Budget, festem Team und redaktioneller Aufsicht. Was man sagen kann: Bei Prinzessin war die Produktion sehr viel fokussierter und stressiger (Budget und Zeitbegrenzungen) als bei Ophelia. Beispielsweise mussten wir bei Prinzessin mit vier – unglaublich begabten und fleißigen! – Animatoren (Adeline Grange, Florian Parrot, Benoit Tranchet, Bong Nguyen, allesamt Gobelins Absolventen) fast sieben Minuten Animation in sechs Wochen durchkloppen. Das geht nur mit klaren gestalterischen Richtlinien, rigorosem Sparen und eher wenig Zeit für persönliche Experimente und schauspielerischem Improvisieren. Bei Prinzessin hatte ich übrigens das erste Mal echtes Recruiting betrieben. Im Hotel Imperial in Annecy zu sitzen, neben all den großen Animationsfirmen der Welt, und mit denen um Studenten der Gobelins zu konkurrieren war eines meiner persönlichen Highlights bei dieser Produktion!
Ophelia war vergleichsweise gemütlich vom Produktionsablauf. Das schöne daran ist, dass man sich viel mehr Zeit für seine Mitarbeiter und ihren Input nehmen kann und auch Neulinge betreuen kann. Ideen können länger überdacht und nochmal gewendet werden. Es kann sich aber auch der Schlendrian einschleichen, und plötzlich verbringt man viel zu viel Zeit mit etwas was eigentlich viel schneller geht. Die umunstößliche Wahrheit ist eben: Egal ob man drei Tage, drei Monate oder drei Jahre an einem Projekt arbeitet, fertig wird’s erst mit einer Deadline.
Neben deiner Arbeit an Prinzessin und der Drache und deinem eigenen Kurzfilm Ophelia warst du als Animator auch bei Heldenkanzler involviert, einem anderen mittlerweile recht bekannten Film der Filmaka von dem wir berichteten. Zudem warst du bei Moritz Schneiders Harald als Concept- sowie Lighting Artist tätig. Was treibt dich an bei so vielen Projekten mitzumachen?
An Heldenkanzler habe vor der Prinzessin und Ophelia gearbeitet, Benjamin Swiczynski war mein Zimmernachbar im Animationsinstitut und weil er mich gefragt hat und ich seinen Film sehr schön und sehr wichtig finde, habe ich mit Freuden daran mitgearbeitet. Allerdings war das auch nicht so viel was ich an dem Film gemacht habe, aber „Mussolini animieren“ kann ich mir jetzt in den Lebenslauf schreiben.
Ich arbeite sehr gerne im Visual Development, und alle Projekte (wie beispielsweise Harald) haben ihre unterschiedlichen Herausforderungen und Eigenheiten, die es sehr interessant machen an ihnen zu arbeiten. Außerdem ist die Arbeit gut skalierbar, wenn ich weniger Zeit frei habe male ich eben weniger Bilder oder leuchte weniger Shots. Im Endeffekt geht’s mir aber darum, zu lernen. Ganz simpel.
Abschließend noch ein paar Worte zu dir: Wie kamst du zur Animation und erzähle bitte kurz von deiner Zeit in Ludwigsburg.
Ich hatte nie den gerne zitierten Kindheitsmoment im Kino, an dem ich wusste dass ich Trickfilm machen wollte. Ich komme vom Zeichnen und Malen, und bin da mehr so reingeschlittert, als ich an der Hochschule der Medien studierte und merkte was für eine faszinierende Kombination aus Gestaltung und Technologie die Computergraphik sein kann. Etwas was sich ständig weiterentwickelt aber durch die Verwendung in Kunstform auch hohe gestalterische Ansprüche hat. Das fand ich super, und seit dem bin ich dabei. Ludwigsburg begleitet mich dank meiner Arbeit für Soi schon seit einigen Jahren. Eine kleine Stadt in der man sehr viel arbeiten kann.
Ophelia ist dein Abschlussfilm. Wie sehen deine Pläne für die nahe Zukunft aus? Wo siehst du dich in fünf oder zehn Jahren?
Freelancen, an diversen eigenen kleineren Projekten arbeiten. Mehr wird noch nicht verraten.