Neues aus dem kriselnden Kinoland Deutschland – zumindest in animierter Hinsicht. Unser Kollegen vom Animation Magazine haben ein Interview mit dem Iran-stämmigen, in Berlin wohnhaften Reza Memari geführt. Er ist der Autor und Co-Regisseur von Richard the Stork, einem in Teilen in Deutschland produzierten Animationsfilm, der 2015 veröffentlicht werden soll. Am Ende der News findet ihr noch ein Promo Poster und was wir von dem Ganzen halten.
Der Film handelt von einem Spatz, der seine Eltern verloren hat und von Störchen aufgezogen wird. Als es an der Zeit wird in den SÜden zu fliegen, wird der kleine Vogel vor eine gewaltige Aufgabe gestellt. Die Idee kam Memari 2007 als er eine Gruppe Spatzen beobachtete und sich fragte, warum diese nicht nach Afrika fliegen wie die anderen Vögel? Er empfand das unfair und fühlte mit den kleinen Vögeln mit. Der Filmemacher sieht den Film als eine persönliche Geschichte, die viel von seinen eigenen Immigrations- und Integrationsserfahrungen enthält. Er wurde im Iran geboren, floh aber später mit seiner Familie nach Deutschland. Wie im Film, wo der Ziehvater dem Protagonisten erklärt, er würde es nie nach Afrika schaffen, hatte auch der Vater des Filmemachers ihm einst gesagt, er würde es nie ins Filmgeschäft schaffen. Aber trotz der ernsten Themen, bleibt es ein familienfreundliches Roadmovie, wie Memari betont, storytechnisch mit Findet Nemo zu vergleichen.
An Richard the Stork arbeiten die deutschen Animationsstudios Rise FX (VFX für Cloud Atlas) und Studio Rakete (The Congress), ausserdem das belgische Studio Walking the dog (A Monster in Paris), Studio 352 (Ernest & Celestine, Song of the Sea) aus Luxemburg und die norwegischen BUG Studios (City of Friends). Neben Reza Memari ist auch Toby Genkel als Regisseur an Bord, der vorher als Co-Regisseur bei Thor – Ein hammermäßiges Abenteuer beteiligt war. Kristine Knudsen (von Knudsen & Streuber aus Berlin) und Emely Christians (von Ulysses aus Hamburg) sind als Produzenten dabei. Der Film soll 2015 veröffentlicht werde und wurde bereits erfolgreich nach China, Korea und Polen verkauft.
Produktionstechnisch fallen zwei Dinge auf. Zum einen handelt es sich hierbei erneut um einen Animationsfilm mit Vögeln als Protagonisten, neben Ploe der zweite Film, der in Deutschland (mit)produziert wird. Ploe stammt von den isländischen Produzenten GunHill, die ähnlich wie die Richard the Stork-Leute ebenfalls in Cannes auf Investorensuche waren und ab 2014 mit Hilfe des Münchner Animationsstudios Trixter den Film produzieren werden. Interessant wird es, wenn man berücksichtigt, dass das Hamburger Produktionsunternehmen Ulysses, das beim Storchenabenteuer mitmischt, auch bei dem Thor Film dabei war, der von Toby Genkel Co-inszeniert und von – Trommelwirbel – GunHill produziert wurde. Ob bei dieser gemeinsamen Vergangenheit zwei parallel vorangetriebene Vogelfilme reiner Zufall sind? Aus Hollywood kommen jährlich mindestens ein Paar Twinmovies herüber geschwappt, die nicht immer ganz zufällig dasselbe Thema behandeln und zeitgleich erscheinen.
Produzentin Kristin Knudsen bezog dazu Stellung. Sie erläuterte, dass aktuell mehrere Animationsfilme mit Vogel-Thematik parallel finanziert werden würden. Richard The Stork als majoritärer deutscher Film und PLOE als Minoritärer. Aber es hätte kein “Ideenklau” voneinander stattgefunden. Sie entwickeln ihr Projekt seit 2008 und hätten 2009 die erste Drehbuchförderung und 2010 Nominierung zum Animations – Drehbuchpreis beim ITFS dafür erhalten. Legends of Valhalla – THOR wurde von der isländischen Firma Caoz produziert. Durch die Beziehungen zu Produzent Hilmar Sigursson, der jetzt GunHill gegründet hat, kennen sich die Koproduzenten Ulysses Film und Knudsen & Streuber, aber keiner hätte von dem anderen plagiiert. Die genannten Firmen würden eine freundschaftliche, gute und respektvolle Beziehung miteinander pflegen. Es wäre schwer genug europäische Indie-Animationsfilme in dieser Budget- und Qualitätshöhe auf die Beine zu stellen, da wäre es sehr kontraproduktiv, gegeneinander zu arbeiten.
Zum Film selbst: Weder der (provisorische) Filmtitel noch das (gemäß Memari auch noch provisorische) Design der Charaktere deuten auf einen besonders einfallsreichen Animationsbeitrag hin. Aber ich persönlich wäre schon zufrieden, wenn die oben beschriebene, simple Geschichte gut und feinfühlig erzählt wird. Da muss weder die Animation noch das Rendering US-Maßstäben gerecht werden noch storytechnisch sich ein (Storchen-) Bein ausgerissen werden. Einfach nur ein befriedigendes Animationserlebnis, das die Beteiligten und den Zuschauer gleichermaßen zufrieden stellt. Und bis zum Erscheinen des ersten Trailers bleibe ich optimistisch.