Rezension DreamWorks’ Die Croods: Vor wenigen Tagen gab DreamWorks Animation bekannt, 350 von seinen 2200 Mitarbeitern entlassen zu wollen, weil der letzte Film Rise Of The Guardians (Hüter des Lichts) hinter den Erwartungen blieb und dem Studio 83 Millionen Dollar Verlust bescherte. Zusätzlich sollen kommende Filme (ab 2015) noch mehr auf massenkompatible Unterhaltung für die ganze Familie getrimmt werden. Was das mit The Croods (Die Croods) zu tun hat, fragt ihr euch? DreamWorks-Chef Jeffrey Katzenberg gab unmissverständlich zu verstehen, dass der Erfolg oder Misserfolg von The Croods – und dem im Herbst startenden Turbo – darüber mitentscheide, wie es mit dem Studio und seinen Mitarbeitern weitergehen werde. Das setzt den Film einem nicht unerheblichen Druck aus, der mit einem Budget von 145 Mio. Dollar ohnehin hohe Erwartungen zu erfüllen hat. Also lautet die große Frage: Besteht Hoffnung oder muss das Studio den Gürtel noch enger schnallen?
Sie besteht – unter Vorbehalt. Der Film gibt von Anfang an einen unmissverständlichen Ton an: The Croods will sich aus der Masse der Animationsfilme herausheben. Er entfesselt von der ersten Minute an eine ungemein brachiale, ungeschliffene aber trotzdem kindgerechte Dynamik, dem sich alle Aspekte unterordnen. Inszenierung, Musik und auch der gesamte Look des Film. Diese Mischung aus Roadmovie in klassischer Mad Max-Manier mit Höhlenmenschen und pulsierendem Drumline Score aus der Feder von Alan Silvestri (The Avengers, Van Helsing) macht eindeutig Spaß – zumindest anfangs.
Denn die Hollywoodrealität holt den Film alsbald wieder ein, wenn die Charaktere ihr stereotypes Gesicht offenbaren. Die aufmüpfige Tochter, die ihr Nest verlassen möchte. Der überfürsorgliche Vater, der seine Familie beschützen will und seine Tochter (natürlich) noch immer als das kleine Mädchen von damals sieht. Der erfahrene Fremde, der… ihr versteht, was gemeint ist. Ein Stereotyp jagt das nächste, da hilft es nichts, dass die Rezeptur der Höhlenfamilie komplett von den Simpsons inspiriert wurde. Auch die Prämisse des Films ist beinahe so prähistorisch wie das Setting selbst. Irgendwie befremdlich, wenn ein Film, der Idealismus und Progression proklamiert sich so erschreckend konservativ gibt.
Das kann dem Film grundsätzlich nicht zum Vorwurf gemacht werden. Ausnahmslos alle US-Animationsfilme der großen Studios funktionieren auf diese althergebrachte Weise. Aber besonders von einem Regisseur wie Chris Sanders (Lilo & Stitch, Drachenzähmen leicht gemacht) hätte man erwartet, er würde veraltete Erzählmuster und antiquierte Hollywood-Schemata zumindest ansatzweise aufbrechen, so wie es ihm zusammen mit Dean DeBlois bei seinen früheren Filmen gelang. Stattdessen wird der Zuschauer emotional dermassen unterfordert, dass auch der zuckersüße Streichelzoo leider verpufft. Die Rede ist dabei nicht von einer intelligenten Story, sondern einer authentischen, glaubwürdigen Darstellung der Charaktere.
Zum Thema Streichelzoo: Insbesondere das Aussehen der Flora und Fauna der Croods-Welt ist ein großer Pluspunkt. Man kann den Machern unterstellen, etwas zu oft Avatar gesehen zu haben, was aber nichts daran ändert, dass alles sehr plastisch, flauschig und greifbar anmutet. Ob mit oder ohne 3D-Brille möchte man am liebsten die Hand danach ausstrecken. Generell merkt man dem Film sein Budget an. Fell, Wasser, Feuer, Staub, Pflanzen. Kaum etwas wurde nicht simuliert und auf Hochglanz gerendert. Dem steht jedoch die teils leblosen Hauptfiguren gegenüber, die wie wächserne Marionetten wirken, die zu lange in der Sonne standen. Es ist weniger ein Problem des Uncanny Valleys als eines Ungleichgewichts zwischen der hyperrealistischen Umgebung und den versimplifizierten Figuren.
The Croods bleibt am Ende ein netter „Simpsons meets Avatar“ Ripoff im Höhlenkleid. Aber nichts, worüber der Zuschauer oder die Filmwelt im einem halben Jahr noch reden würde. Dass nun gerade ein solch konzeptionell konservativer Film über die Zukunft der DreamWorks Animation Studios mitentscheiden soll, entbehrt nicht einer gewissen Ironie.
7/10