Der Disney Kurzfilm Paperman (Im Flug erobert) befindet sich aktuell in aller Munde. Nicht nur, weil der Film für den Oscar nominiert wurde oder er eine spektakuläre Symbiose aus handgezeichnetem Shading und Computeranimationen darstellt, sondern vor allem, weil er vor wenigen Tagen offiziell und in ganzer Länge im Internet veröffentlicht wurde. Eine andere Form von “For Your Consideration” um vor der Oscar-Verleihung auf sich aufmerksam zu machen. Nun wollen wir euch aber die inoffizielle (aber nicht von der Hand zu weisenden) Inspirationsquelle vorstellen, die für Paperman Pate stand: Signs.
Bevor ihr weiterlest, empfehle ich euch die beiden Filme zu schauen, weil ich einige Wendungen und Szenen anschließend besprechen werde. Also hurtig. Signs findet ihr am Ende des Artikels und Paperman an dieser Stelle. Es lohnt sich!
Signs ist ein Kurzfilm aus dem Jahr 2008 und entstand im Zuge des Schweppes Online Film Festivals – darum auch das subtile Product Placement. Regisseur war der Australier Patrick Hughes. Wenn ihr euch den Film anseht, dürfte euch eines klar werden: John Kahls, der Regisseur von Paperman, muss Signs nicht nur gekannt, sondern geradezu geliebt haben als er seinen eigenen Film in Angriff nahm.
Beide Kurzfilme sind wortlose Liebesbezeugungen an die Idealvorstellung von Liebe in der anonymen, grauen Großstadt. Zeichen statt Worte. Mimik anstelle von Dialogen. Und natürlich jede Menge Papier als vermittelndes Medium. Nur gelingt Signs ein kleines Kunststück, das Disneys Paperman vorenthalten bleibt. Das Erschaffen von glaubwürdigen und lebendigen Charakteren in einer nicht minder glaubwürdigen Umwelt. Auf diese Weise kann sich der Betrachter – Mann und Frau gleichermaßen – in den Charakteren wiederfinden. Bei beiden Filmen stehen sich am Ende die Protagonisten gegenüber. Aber während bei Paperman man bis zum Ende hin “nur” gerührter Beobachter bleibt, steht man bei Signs an Stelle der beiden Turteltauben an der Straße und blickt seinem gegenüber in die Augen. Man projiziert und wünscht sich als Zuschauer in die Geschichte hinein und erliegt somit ihrem emphatischen Sog. Dieser Kniff bleibt dem Papiermann leider verwehrt. Zu abstrakt und unnahbar ist seine vom “Schicksal” geleitete Wendung.
Die Geschichte von John Kahls Kurzfilm ist überaus romantisch, gerade zu poetisch im Umgang mit ihrer einfachen Botschaft. Aber zieht man die liebevolle Oberfläche weg, bleibt nicht viel übrig. Der Film bietet keine besonderen Ansätze für Interpretationen, die Charaktere sind trotz aller Liebenswürdigkeit leider bedeutend flacher als ihr CG-Ursprung. Kurzum, der Film ist seicht, aber das mit Stil und Eleganz. Im Gegensatz dazu erscheint die Optik von Sign flach und unspektakulär, offenbart im Verlauf seiner 12 Minuten Spielzeit aber sein ganzes Potential.