Paradiesisches Zwischenspiel
Rune Balot, ein Teenager-Mädchen im Visier des Oberschurken, unausweichlich ihr Todesurteil erwartend. Es war ein starker Cliffhanger, mit dem der erste Teil der Trilogie aufhörte, und genau an dieser Stelle wird die Science-Fiction-Film-Noir-Cyberpunk-Thriller-Mischung Mardock Scramble The Second Combustion fortgesetzt. Ein Jahr ist seit der letzten Veröffentlichung (The First Compression) vergangen und so bleibt nichts anderes übrig, als noch einmal zurückzublicken und aufzuarbeiten, um was es hier eigentlich geht:
Mardock Scramble ist eine japanische Romanreihe aus dem Jahr 2003 von Tow Ubukata, die erst als Manga und später als Anime-Trilogie umgesetzt wurde, deren dritter und letzter Teil vergangenen September in Japan veröffentlicht wurde. Als Protagonistin agiert Rune Balot, ein minderjähriges Mädchen, ein Missbrauchsopfer, das als Prostituierte in Mardock City arbeitet. Die scheinbare Rettung aus dem Elend durch den Oberschurken Shell Septinous endet mit einem Mordversuch an Rune. In dieser futuristischen Welt hat die Polizei aber ein neues System in der Hinterhand, mit dem sie aus den am Tatort gefundenen organischen Überresten, die Opfer wieder unter die Lebenden bringen können. Also spendet Dr. Easter dem Mädchen einen neuen synthetischen Körper und so ist Rune neuerdings als Cyborg im Auftrag der Polizei unterwegs. Weil Shell das quicklebendige Opfer nicht auf dem Zeugenstuhl sehen will, bleibt ihm nichts anderes übrig, als das zu vollenden, was er ursprünglich geplant hatte – und tatsächlich hat er das Mädchen nun ein zweites Mal im Fadenkreuz.
War der erste Teil der Filmreihe ein dramaturgisch interessanter Auftakt zu einer Thriller-Saga in einem durchdachten Cyberpunk-Universum, so hat der zweite Teil Mühe das Niveau zu halten. Autor Ubukata persönlich hat sich ans gestraffte Drehbuch der rund einstündigen Filme gesetzt, um seine Geschichte, die man locker auch in einer Anime-Serie hätte verarbeiten können, möglichst sinnvoll zu komprimieren. Wirkte The First Compression noch erfreulich überladen, voller Action und Gewalt, mit gewagten sexuellen Elementen, die es nur im Anime in einer filmischen Selbstverständlichkeit zu sehen gibt, so steht The Second Combustion etwas verloren in der Landschaft. Klar, Mardock Scramble ist als Trilogie zu verstehen, nur muss man jetzt eben noch ein weiteres Jahr auf die deutsche Veröffentlichung von The Third Exhaust warten und der vorliegende zweite Teil lässt den Zuschauer doch etwas konfus zurück. Zwischen psychedelischer LSD-Farbgebung und philosophischem Geschwafel, droht dem Film kurzzeitig der Stillstand. Mitten im Paradies angekommen, einem schrägen Forschungsinstitut, kriegt Rune Balot von einem abgetrennten Kopf eine Lehrstunde über verbotene Technologien, lebensverlängernde Massnahmen und die Hintergründe des Scramble 09 Gesetztes erläutert. Während das Mädchen tapfer zuhört und sich im Garten umsieht, zieht man als Zuschauer schon mal verwundert die Augenbraue hoch, wenn sich Paradiesbewohner ganz natürlich in einer homosexuellen Mensch-Cyborg-Tier-Beziehung mit einem Delphin vergnügen.
Später widmet sich The Second Combustion wieder irdischen Gelüsten, verlagert den Tatort in ein Casino und an die Spieltische. Hat man sich dann auf das spannende Duell zwischen Rune Balot und einer Kartengeberin eingelassen, ist der einstündige zweite Teil auch schon wieder fertig, genau dann, wenn die Spannungskurve wieder anzieht. Mardock Scramble hat all die guten Elemente einer reizvollen Cyberpunk-Geschichte, punktet mit hübsch ausgeleuchteten Bildern, guten Animationen und einem interessanten Soundtrack, aber leider verliert man den roten Faden etwas aus den Augen und findet nie den Schwung des ersten Teils. Die beiden Szenerien, das Paradies und das Casino, wirken irgendwie zusammengewürfelt. Natürlich ist das Grundgerüst, die Rivalität zwischen Rune und Schell, vorhanden, aber es ist schwierig, wieder ins Mardock-Universum einzutauchen und sich in jener Sogwirkung wiederzufinden, die The First Compression ausgeübt hatte – u.a. auch darum, weil man damals davon ausging, dass hier eine Exposition aufgebaut wird, die über die letzten beiden Teile zu einem stimmigen Gesamtkonzept geführt wird. Der zweite Teil hat die hohen Erwartungen nun etwas gedämpft und doch schaut man gespannt auf den kommenden Abschluss der Trilogie.
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