Das kunterbunte Fressen
Ein optisch kunterbunter und amüsanter Augenschmaus, der inhaltlich keine Überraschungen bereithält und die Kritik an einer masslosen Konsumgesellschaft hinter dem Vorhang eines märchenhaften Schlaraffenlandes versteckt.
Im Feld der computeranimierten Animationsfilme sticht vor allem Pixar heraus. Andere Studios sind zwar bemüht Schritt zu halten, doch der Thron kommt dabei nie ins Wanken. Für Pixars Erfolg verantwortlich sind besonders feine Charakterzeichnungen der Hauptfiguren, gewitzte Dialoge und eine packende Geschichte. Während Dreamworks mit Shrek die Zuschauer ins Kino locken kann und Twentieth Ceuntury Fox Animation zusammen mit Blue Sky Studios sich der eiszeitlichen Unterhaltung verschrieben hat, so gelang Sony Pictures Animation noch nicht der ganz grosse Wurf. Klar, Surf’s Up war optisch beeindruckend und in seiner Erzählform erfrischend, aber als Gesamtprodukt gelang nicht der Spagat zwischen Kinder- und Erwachsenenfilm. Über das stark ans junge Publikum gerichtete und ziemlich banale Open Season braucht man hingegen kaum ein Wort zu verlieren. Sonys neuster Streich: Cloudy with a Chance of Meatballs („Wolkig mit Aussicht auf Fleischbällchen“).
Die Insel Swallow Falls liegt irgendwo versteckt im Atlantik. Nach einem wirtschaftlichen Zusammenbruch wird der Speiseplan der Bewohner von eingelegten Sardinen bestimmt und lässt sie zu mürrischen Langweilern werden. Flint Lockwood tickt aber schon seit seiner Kindheit etwas anders. Statt einer geordneten Arbeit nachzugehen, hat sich der nerdige Tüftler ein grosses Labor im Garten seiner Eltern eingerichtet und lässt von dort seine Erfindungen auf die Menschheit los. Seit den Aufsprüh-Schuhen, die zwar das Binden der Schnürsenkel überflüssig machen, aber den Makel besitzen, dass man sie nicht mehr ausziehen kann, hat Flint aber noch keine durchbrechende Erfindung zustande gebracht. Wer braucht schon Ratten-Vögel? Doch eines Tages gelingt ihm sein Meisterstück mit einer Maschine die Wasser in Essen verwandelt. Wegen eines Missgeschicks schwebt das Wunderobjekt aber irgendwo zwischen den Wolken und steht nicht mehr im sicheren Labor. Alsbald regnet es Hamburger, Hot Dogs und Steaks. Flint programmiert alle Wünsche der Bewohner und findet endlich jene Anerkennung, nach der er sich schon lange gesehnt hat. Als die Maschine durch eine Fehlfunktion das Essen mutieren lässt und Spaghetti-Tornados das junge Schlaraffenland bedrohen, steht nicht nur sein Leben, sondern auch seine frische Beziehung mit einer hübschen Wettermoderatorin auf dem Spiel.
Cloudy with a Chance of Meatballs ist eine freie Interpretation von Judi und Ron Barretts gleichnamigem Kinderbuch von 1978. Die farbenprächtige Umsetzung ist in erster Linie ein grossartiger Augenschmaus, der auf inhaltlicher Ebene keine grossen Überraschungen bereithält. Der junge Erfinder Flint startet als Aussenseiter und findet in kürzester Zeit Ruhm, Anerkennung und eine hübsche Frau. Übermütig ignoriert er die Warnanzeige im Labor und bringt das Inselreich auf dem Höhepunkt der Völlerei fast zum Untergang. Mit einer waghalsigen und zitatfreudigen Rettungsaktion à la Independence Day wendet sich schlussendlich doch noch alles zum Guten. Die wirklichen Stars des Films sind aber nicht die Figuren sondern die Fressalien. Da zerläuft der Hamburgerkäse, Gurkenscheiben lugen aus dem Brot hervor, leicht poröses Eiscreme zeichnet eine Schneelandschaft, goldbraune Pfannkuchen dampfen zum Himmel und ein Schloss aus Wackelpudding glänzt in der Abendsonne. Im Gegensatz dazu sind die Figuren minimalistisch und in ihrer Animation weniger realistisch gehalten. Der übervorsichtige Polizist bewegt sich mit Salti durch die Strassen und der Bürgermeister frisst sich auf das vierfache seiner ursprünglichen Körpergrösse.
Der Film hat in seinem verschwenderischen Umgang mit Lebensmitteln einen stark US-amerikanischen Blick, der manchem Zuschauer in unseren Breitengraden nicht sonderlich munden wird. Eine etwas scharfsinnigere Kritik an der Konsumgesellschaft hätte dem Abenteuer auf jeden Fall gut getan, stattdessen werden haufenweise Nahrungsmittel beiläufig auf einem riesigen Abfallberg „versorgt“. Nichtsdestotrotz ist Cloudy with a chance of meatballs lockere und lustige Familienunterhaltung in modernem Märchen-Kostüm.
©Sony Pictures Home Entertainment